
BORBECK. „Hr. Heinrich Kleine-Möllhoff bat am 1. Febr. 1900 um Entscheidung für eine Wirtschaftsconcession zum Betriebe einer Gastwirtschaft in Borbeck…“ – so fing es im Feldschlößchen an der Flurstraße vor 125 Jahren an. Am 5. Februar 1900 lieferte er seinem Antrag eine Skizze des vereidigten Landvermessers nach, am 21. Juni wurde sein Bauantrag für das „Project zum Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses zu Borbeck“ an der damaligen Mühlenstraße 48 genehmigt, am 27. Juni erhielt er bereits die Konzession zum Betrieb einer „Garten- und Milchwirtschaft“. (1) Er taufte sie auf den Namen „Gastwirtschaft zum Feldschlößchen“ – wohl nach der damals noch einsamen Lage des Gebäudes in den Feldern und Wiesen, zum anderen wegen der Nähe zum Schloss Borbeck.
Er hatte auf dem noch sehr einsam liegenden großen Grundstück an der heutigen Ecke Möllhoven/Flurstraße viel vor, wie er am 4.12.1900 an den Vorsitzenden des Kreisausschusses des Landkreises Essen schrieb: Eine Gärtnerei sollte hier entstehen und eine ganzjährige betriebene Molkerei mit Milchausschank. Geplant waren geräumigen Gesinde- und Wohnstuben, Küche, Schalterstube und zwei Gastzimmer im Erdgeschoss, dazu vier Logierzimmern und drei weitere Zimmern im ersten Stockwerk.
Außen sorgten Treppengiebel, Turm und Holzfachwerk für eine historisierende Architektur, als Dekoration diente eine Kartusche mit Hirschgeweih. Daneben sollte an der Flurstraße ein großes Stallungsgebäude für Kühe, Schweine und Pferde gebaut werden, das mit dem Gasthaus durch einen mit Fenstern und Säulen gegliederten Wandelgang verbunden war. Doch offensichtlich verzögerten sich zunächst erst die Bauarbeiten für das repräsentative Anwesen, weitere Fristen mussten eingeräumt werden.
Eigenwilliges Gebäude
Schließlich stand aber an der mit jungen Platanen bepflanzten Kreuzstraße, der heutigen Flurstraße, ein Gebäude mit schon damals sehr eigenwilliger Fassade: Die spitzen Zwillingshauben des mit Holzfachwerk verzierten Turms schlossen zur Flurstraße mit einem gotisierenden Treppengiebel ab, zum Möllhoven wurde die Fassade durch einen ebensolchen Giebel und einen spitzen Erker betont. An die Romanik erinnernde Rundbögen über den Fenstern des ersten Obergeschosses waren ursprünglich wie die Zackenbänder und Rautenflächen in Ziegelrot vom grauen Putz abgesetzt.
Das innen fast vollständig in mit Ziegel gefülltem Fachwerk ausgeführte Haus war vollständig unterkellert, das Erdgeschoss ruht bis heute auf einer so genannten „Preußischen Kappendecke“. Wie die Sanierung ab 2006 nachwies, war die hohe Decke der Gastronomie mit einer blutroten Ledertapete ausgestattet, die Zimmer- und Flurwände wurden überall weitgehend mehrfarbig gestrichen. Mit weiteren Farben abgesetzte gemalte Zierleisten zeigten bunte Jugendstilmuster.
Keine Milchwirtschaft an der Mühlenstraße
Mit einem Friedrich Emde hatte er für das Unternehmen offensichtlich zunächst einen Vertreter benannt, der für ihn die Gastwirtschaft an der damaligen Mühlen-/Ecke Kreuzstraße betreiben sollte. Das geht aus einem Schreiben vom November 1902 hervor. Doch der von ihm bestellte Pächter komme seinen Verpflichtungen nicht nach, beschwerte sich Heinrich Kleine-Möllhoff. Der Grund schien ein anderer gewesen zu sein: Emde verfolgte am Möllhoven eigene Pläne, druckte für Werbezwecke unter anderem die einzig erhaltene Postkarte (s.o.), aber hatte auf Landwirtschaft offensichtlich keine Lust. Er stellte statt Garten- und Milchwirtschaft auf eine Gast- und Schankwirtschaft um. Da er dazu auch noch weiter umbauen wollte, führte das offensichtlich zu erheblichem Streit mit dem Erbauer. Für den Fall, dass die Baumaßnahmen genehmigt werden sollten, schrieb Möllhoff am 11. November 1902 an „Wohlgeboren Bürgermeister Heinrich von Borbeck, Hier.“, er werde die Konzession zurückgeben.
Offensichtlich ist das zuletzt auch geschehen: Der Kreisausschuss des Landkreises Essen / Bürgermeisterei Borbeck erteilte nun Franz Albring aus Erle bei Buer, das ab 1915 zu Gelsenkirchen gehören sollte, die Konzession. Albring befasste sich ebenfalls mit Umbauplänen, die jedoch bei veranschlagten Kosten in Höhe von 20.000 Mark offensichtlich nicht umgesetzt werden konnten. 1906 wurde schließlich Josef Diedrich Schneider und Helene Gertrud geb. Bramert die Erlaubnis erteilt, eine Gastwirtschaft im Gebäude Mühlenstraße 48 zu führen. Nach der Übernahme durch die Familie Schneider 1905 erweiterten sich die Angebote des Hauses: Auf dem großen Grundstück gab es einen Kleintier- und Streichelzoo und immer wieder diverse Attraktionen, die von Spaziergängern an den Wochenenden gerne angenommen wurden.
Frauen übernehmen das Regiment
In dem Haus am späteren Möllhoven 48 - nach Umnummerierung schließlich Möllhoven 60 - begann nun eine lange Zeit, in der vor allem Frauen das Regiment führen sollten. Denn als der Wirt Josef Schneider, zugleich Dirigent des Männergesangsvereins „Concordia“, nicht aus dem Ersten Weltkrieg zurückkehrte, übernahm seine Witwe Helene Gertrud Schneider die Schankkonzession und für fast drei Jahrzehnte die Führung des Lokals. Das zum Garten gelegene Gesellschaftszimmer dient als Raum für Sitzungen vieler Vereine und für Familienfeiern, ein Klavier sorgt für die Begleitung von Chören, die hier zu ihren Proben zusammenfanden. Im Zweiten Weltkrieg wurde zum Schutz vor den Bombenangriffen vom Keller aus ein später wieder verfüllter Fluchttunnel bis zur an das ehemalige Grundstück angrenzende Schlucht gebaut, dessen Deckel heute noch zu sehen ist.
Nach dem Tod von Helene Schneider am 27.02.1947 übernahm ihre am 09.09.1907 in Borbeck geborene älteste Tochter Gertrud offiziell die Wirtschaft, die sie bereits seit 15 Jahren wegen Krankheit und Alter ihrer Mutter selbständig führen musste. Laut Aktenlage wurde ab 1949 die Schankkonzession im Möllhoven 48 einem Heinrich Schneider erteilt, wohl dem Bruder von Gertrud geb. Schneider, der sich zuvor noch in russischer Kriegsgefangenschaft befand, wie seine Nichte Gertrud in ihrem eigenen Konzessionsgesuch vom 06.03.1947 schrieb.
Priesterschmiede Freistedt
Verheiratet war Gertrud Schneider seit 28.01.1928 mit Wilhelm (Willy) Freistedt, geboren am 17.09.1901 als zweiter Sohn des Borbecker Zechen-Facharbeiters und Schlossers Heinrich Freistedt (+ 28. November 1935) und dessen Ehefrau Maria Anna Katharina geb. Jansen (*28. Dezember 1873, + 18. Oktober 1952). Das Elternhaus stand in der Essener Str. 11 und gehörte dem Mülheimer Bergwerksverein.
Während ihre Mutter das Feldschlößchen-Lokal führte, wurde nun Gertrud Schneider Mitglied einer weiteren großen und frommen Familie, denn aus der Ehe von Heinrich und Maria Freistedt waren sechs Kinder hervorgegangen, darunter Emil (1899-1952), Willy (1901-1969), Heinrich (1903-1986) und Franz (1906-1961). Alle wurden Priester – nur ihr Ehemann Willy schlug aus der Art, wie Franz Josef Gründges ausführlich beschrieb. (2)
- Emil, geboren am 24. Juni 1899, absolvierte nach Gymnasium und Militärzeit ein Studium der Theologie in Münster, Bonn und Köln. In Münster schloss er sich im Wintersemester 1916 der Unitas-Burgundia im Verband wissenschaftlicher katholischer Studentenvereine Unitas an. Von Juli 1917 bis Januar 1919 absolvierte er seinen Militärdienst in Köln und war während des „Spartakistenaufstands“ im Ruhrgebiet gegen den Kapp-Lüttwitz-Putsch im März/April 1920 freiwillig im Dienst bei einem der drei Bataillone der Akademischen Wehr in Münster. Der Unitas blieb er zeitlebens verbunden, war zudem Mitglied der dortigen Unitas-Rolandia und später auch der Unitas-Rhenania in Bonn. Am 10. August 1923 wurde Emil Freistedt zum Priester geweiht und feierte seine Primiz am Fest St. Maria Himmelfahrt in seiner Heimatpfarre St. Dionysius. Nach seiner bis 31. August 1924 dauernden Tätigkeit als Rektor und Religionslehrer am St. Anna-Lyzeum in Wuppertal-Elberfeld wurde er zur Promotion beurlaubt. 1924 erlangte er an der Theologischen Fakultät der Universität Münster die Doktorwürde, die Dissertation „Altchristliche Totengedächtnistage und Totenkultus der Antike“ erschien 1928 bei Aschendorf in Münster als Buch. Ab 1925 arbeitete Dr. Emil Freistedt in der „Krüppelfürsorge“ der Josefs-Gesellschaft in Bigge/Sauerland, ab 1926 bis 1928 als Hausgeistlicher am Eduardus-Krankenhaus in Köln-Deutz und als Geistlicher Rektor am Marienhospital Köln. 1927/28 absolvierte er den Vorbereitungsdienst am Kaiser-Karl-Gymnasium Aachen und am Schiller-Gymnasium Köln, ging als Religionslehrer an das Euskirchener Oberlyzeum „Sancta Maria“ der Dominikanerinnen und war Pfarr-Rektor an der Klosterkirche St. Matthias. 1932 bis 1935 unterrichtete er als Studienassessor am damaligen „Kaiserin-Auguste-Victoria-Gymnasium“ (Emil-Fischer-Gymnasium) in Euskirchen und war dort bis zur Versetzung in den Ruhestand als Studienrat tätig. Am 08. August 1952 ist Dr. Emil Freistedt mit 53 Jahren an einer schweren Krankheit in Euskirchen gestorben.
- Heinrich Freistedt, am 2. September 1903 geboren, nahm nach dem Abitur 1923 am Gymnasium Borbeck ein Studium der Theologie und Musikwissenschaft an den Universitäten Köln und Fribourg/Schweiz auf, wurde mit einer Arbeit zum Gregorianischen Choral 1929 mit „summa cum laude“ promoviert und im Kölner Dom zum Priester geweiht. Nach Kaplanstellen in Köln-Wahn und Wuppertal-Elberfeld ging er 1940 als Direktor an die Katholische Hochschule für Kirchenmusik St. Gregorius in Aachen, blieb bis 1969 im Amt und war bis 1982 Subsidiar in der Pfarrei St. Donatus in Stolberg-Venwegen. Der Kirchenmusikreferent und Professor am Priesterseminar Aachen wurde vom Deutschen Cäcilienverband mehrfach ausgezeichnet und starb am 26. August 1986 in Stolberg.
- Franz Freistedt, geboren am 04. April 1906 schlug zunächst eine technische Laufbahn ein und war bis 1927 als Maschinenbauingenieur bei Krupp, für zwei Jahre auch in San Francisco. 1931 begann er als Spätberufener das Studium der Theologie und empfing am 23. Februar 1939 in Köln die Priesterweihe. Der Kaplan in der Pfarrgemeinde Christus König in Düsseldorf-Oberkassel wurde als Sanitätssoldat zur Wehrmacht einberufen und kehrte aus der Kriegsgefangenschaft im September 1945 als Kaplan an seine frühere Wirkungsstätte in Düsseldorf-Oberkassel zurück. Nach weiteren Stellen in Bonn (1946-1951 an St. Marien) und St. Barbara in Mülheim-Dümpten (1951-1953) wurde er Rektorats-Pfarrer an St. Joseph in Delhoven-Dormagen und 1958 Pfarrer an St. Martin in Zons, wo er am 29. Juni 1961 starb.
Von den Brüdern, die untereinander lebhaft Kontakt hielten, blieb Willy als einziger am Ort, schien aber auch so manches Talent in seiner Familie zu teilen: In den Borbecker Adressbüchern und in den Essener Melde- und Personenstandsunterlagen wird er unter Stand/Gewerbe abwechselnd als Zeichner, Musiker (1932/33 und 1950), Gastwirt und Techniker (1939, 1960), geführt. Er wohnte im von seiner Frau geführten Feldschlösschen, spielte mehrere Instrumente und galt als Borbecker Original und musikalisches Allroundtalent.
Beliebter Treffpunkt in Borbeck
Groß gefeiert wurde das 50-jährige Bestehen der Gaststätte im Besitz der Familie Schneider/Freistedt, dem die BORBECKER NACHRICHTEN am 28. September 1956 einen Artikel mit einer alten Abbildung des Hauses widmeten und darin an „viele schöne Feste und denkwürdige Feiern“ erinnerten. Dazu schrieb Willy Freistedt ein „Preisgedicht“ (s.o.), in dem er die Entwicklung von der ländlichen Idylle zur örtlichen Industrie nachzeichnete (Vgl. Borbecker Nachrichten vom 28.09.1956). Mit den Anfangszeilen „Das Schloß im Felde wurde ich genannt! Stolz blickte ich hinaus ins weite Land …“ ließ es die ländliche Idylle der Entstehungszeit, die Kriege, die schwere Arbeit der Knappen unter Tage und die Entwicklung der örtlichen Industrie Revue passieren, um zugleich Wanderer zu „süßer Rast“ einzuladen.
Die 1929 geborene Tochter Gertrud von Gertrud und Willy Freistedt heiratete 1957 Johann (Hans) Kaldenhoff, der 1952 dem Archiv des Kultur-Historischen Vereins einige Texte von Willy Freistedt übereignete, die von seinem dichterischen Talent Zeugnis ablegen - darunter das Märchenspiel „Hänsel und Gretel“, den Text „Was fröhlich macht“ und das „Knappenlied“ (vgl. Borbecker Nachrichten vom 06.06.1952). Andreas Koerner führte noch ein „Franziskuslied“ und ein „Pauluslied“ an. 1963 erschien unter dem Titel „Der Pechvogel“ eine von Willy Freistedt verfasste Serie „Heiteres und Besinnliches aus froher Jugend“. Gertrud Freistedt geb. Schneider starb noch vor ihrem Ehemann Wilhelm am 18.09.1965 in Borbeck, er selbst am 16.02.1969 im Alter von 67 Jahren.
Luftbild von dem noch weitgehend landwirtschaftlich genutzten Areal mit dem Feldschlößchen in der Bildmitte, 1926
Mit der wachsenden Bebauung an der Flurstraße nahm die Zahl der Gäste in den nächsten rund vier Jahrzehnten weiter zu, mehrere Vereine bestimmen das Lokal zur „Konstanten“. Insbesondere die Borbecker Kolpingsfamilie versammelte sich hier bis Mitte der 1970er-Jahre zu ihren regelmäßigen Treffen. Der Familie Schneider, die das große Grundstück bereits unter den Mitgliedern aufgeteilt und bebaut hatte, folgten wechselnde Pächter an der Flurstraße. Im Dezember 2003 schloss das Lokal seine Pforten und stand zum Verkauf.
UNITAS rekonstruiert historische Bausubstanz
Für eine Studentengemeinschaft wurde dies zum glücklichen Zufall. Seit Anfang der 1990er Jahre hatte sie nach einem geeigneten Haus gesucht. Zum Juli 2004 erwarb der 1911 an der Universität Münster ins Leben gerufene Wissenschaftliche katholische Studentenverein Unitas Ruhrania Bochum – Duisburg-Essen – Dortmund das Haus mit dem 905 qm großen Restgrundstück von Eigentümer Peter Schneider. (3)
Von einigen Studenten bereits bewohnt, entwickelte sich das Haus schnell zum neuen Treffpunkt aktiver und ehemaliger Studenten des katholischen Unitas-Verbandes, der u.a. zum Weltjugendtag 2005 in Köln 12 polnische Gäste aufnahm und mit der ganzen Pfarrgemeinde St. Dionysius und Nachbarn ein großes Weltjugendtags-Fest im und am Haus feierte. Gesellige und wissenschaftliche Veranstaltungen konnten weitergeführt werden, bis die Bauarbeiten auch die letzten beiden studentischen Bewohner zum Ausziehen veranlasste: Der 1991 gegründete Hausbauverein des an den Ruhr-Universitäten tätigen Vereins begann im Mai 2006 mit umfassenden Entkernungsarbeiten, um neun Studentenzimmer und dazugehörende Gemeinschaftseinrichtungen zu schaffen und um die öffentliche Gastronomie zu reaktivieren.
Die Unitas nutzte ihr neues Domzil für viele kleine und große Fèten - wie hier an Silvester 2005
Das Feldschlößchen beim Weltjugendtag 2005
Die von Unitas-Bundesverband und Unitas-Ortsverein mit Architekt Otfried Jäger (Wesel) abgestimmte Rekonstruktion des Hauses zielte auf eine möglichst deutliche Wiederherstellung der historischen Bausubstanz. Vom Keller bis zum Dach wurde das gesamte Gebäude zuvor einer intensiven Prüfung unterzogen, bei der die Originalpläne aus dem Erbauungsjahr wichtige Hinweise auf die ursprüngliche Planung gaben.
De in Eigenarbeit der Studenten und Ehemaligen ausgeführten Entkernungsarbeiten förderten nicht nur einen bislang verborgenen Raum im Keller, sondern auch vieles mehr zu Tage: Alle abgehängten Decken und fast alle Wände wurden bis auf das Fachwerk wurden wieder freigelegt, die alten Wandmalereien traten in teils erstaunlicher Frische wieder ans Licht. Zu den Funden der „Bauarchäologie“ gehörten auch zerknitterte Zeitungen aus der Bauzeit des Dachstuhls, riesige Wespennester, ein Kupfer-Groschen aus dem Jahr 1921 mit Reichsadler, Einbauten im Dachstuhl oder Kisten aus dem Lager Friedland.
Handwerksfirmen sorgten anschließend für die komplette Erneuerung sämtlicher Wasser-, Strom- und Gasleitungen, für eine neue Heizung und rundum für neue Fenster. Alle Wände wurden neu verputzt, alle Fußböden erneuert. Viele nachträglich eingebaute Wände wurden entfernt, bis nach und nach der alte Hotelgrundriss wieder sichtbar wurde und neun Zimmer in einer Größe von 14-29 Quadratmetern entstanden. Zum Wintersemesterbeginn im Oktober 2007 waren sämtliche Zimmer an Studenten vermietet.
Unter dem Dach wurde eine komplette Wohnung in einen großen Veranstaltungssaal umgewandelt, zusätzlich eingezogene Stahlträger und Leimbinder verstärkten die Statik des Hauses. Der große hohe Gesellschaftsraum unter dem Dach war nun passende „Location" für Vorträge, Diskussionen und Feiern des Vereins (Bild unten). Das von der Gastronomie getrennte Studentenheim in den beiden Obergeschossen wurde mit einem Festwochenende am 31. Mai / 1. Juni 2008 eingeweiht.
Auch in der vom Verein genutzten Gastronomie hatten bald keine eigenen Veranstaltungen mehr stattfinden können. Sämtliche Einbauten waren bald herausgerissen, Decken und Fußböden ebenso, die Rundbogenfenster wurden vollständig wieder hergestellt - alles wurde unter Berücksichtigung notweniger Schall- und Brandschutz- Maßnahmen vollständig renoviert. Weit über 30 Wirte meldeten ihr Interesse zur Übernahme des Lokals an: Die vorgelegten sehr unterschiedlichen Konzepte reichten von der Künstler-, Musik- und Kabarettkneipe bis zur Hausbrauerei.
Im Oktober 2007 wurden Verträge mit der VKF-Gastronomie GmbH geschlossen. Nun zog überall neues Leben ein: Nach intensiven Planungen und Bauarbeiten eröffnete das neu geschaffene Lokal im Erdgeschoss mit dem neuen Bier- und Wintergarten am 25. April 2008 - die Gastronomie wurde wieder ihrer alten Bestimmung zurückgegeben.
Ivonne Jobs-Stange und Klaus Jobs (Bild oben), zuvor in der Elfringhauser Schweiz tätig, übernahmen 2010 das Restaurant, das sich schnell große Reputation erwarb und sorgten 12 Jahre lang für erstklassige frische regionaler und saisonale Küche. Das liebevoll gestaltete Ambiente wurde zum Schauplatz vieler Familienfeiern, viele Gruppen kamen und der aufmerksame Service sorgte für zahlreiche Stammgäste. Klaus Jobs, erfahrener Koch aus Leidenschaft, sorgte mit seinem Team in der Küche für Gaumenfreuden, seine Frau führte das Regiment in den Gasträumen.
2021 feierte die Unitas das 120-jährige Bestehen des Feldschlösschens: Julia Jacob, Essens 1. Bürgermeisterin (Bild oben), gratulierte im Namen der Stadt und erinnerte an die große Bedeutung aktiver Vereinigungen für die ganze Stadtgemeinschaft. Nur kurze Zeit später stellte die Corona-Zeit das Haus auf eine schwere Bewährungsprobe. Das studentische Leben wurde fast für fast zwei Jahre ganz ausgesetzt, Veranstaltungen fanden nur mehr online statt. Auch die Gastronomie wurde hart getroffen – Pächter und Verein halfen sich gemeinsam durch die Zeit. Doch am Abend des 29. Februar 2024 drehten Ivonne Jobs-Stange und Klaus Jobs nach vielen sehr guten Jahren zum letzten Mal die Schlüssel im Schloss. Ihr altersbedingter Abschied fiel dem engagierten Pächterehepaar nicht leicht, das im Feldschlößchen große Spuren hinterließ.
Ein neues mediterranes Angebot in Borbeck
Für die Nachfolge in dem Traditionshaus nahm sich der Studentenheim e.V. viel Zeit, übernahm das gesamte Inventar und machte sich auf die Suche. Im Mai fiel die Entscheidung für Juan Felipe Rubino und Giorgia Felice. Beide verliebten sich sofort in das Haus, das sie mit italienischer und mediterraner Küche weiterführen wollen. Rubino zeigte sich trotz seiner erst 33 Lebensjahre als erfahrener Koch - davon ließ sich die Unitas zuvor ganz praktisch überzeugen. Die Vorbereitungen zur Wiedereröffnung liefen an, Gasträume mit dem Wintergarten und dem schönen Biergarten wurden aufgehübscht und der Betrieb aufgenommen. Langsam, aber immer besser kamen die jungen Gastronomen seitdem in Tritt und konnten viele neue Gäste überzeugen. Und selbstverständlich kann die Unitas, die 2025 das 125-Jährige des Feldschlösschens begeht, die Gastronomie nur wärmstens empfehlen.
Feldschlößchen Restaurant Essen
Juan Felipe Rubino & Team
Flurstraße 67, 45355 Essen
Tel. 0176 42981480
E-Mail: feldschlosschen.restaurant.info@gmail.com
Homepage: https://restaurant-feldschlosschen.de/ … und auf Facebook.
CB
Quellen:
(1) Im Folgenden: Stadtarchiv Essen. Schankkonzession, Nr.1: 155, Nr.2: 128, Alt-Signatur: ' 45-17950, Vor-Provenienz: Kreisausschuss des Landkreises Essen; Bürgermeisterei Borbeck, Straße: Möllhovenstraße 048, Konzessionsobjekt: Schankwirtschaft, Bau- und Lagepläne 1900-1957 (frdl. Mitteilung von Eberhard Kleine-Möllhoff, der auch die Planbilder lieferte, 2023)
(2) Im Folgenden: Ausführliche Recherchen von Franz Josef Gründges ließen 2021-2024 seine Familienskizze „Freistedt, drei Priesterbrüder und ein Wirt“ für das Borbeck-Lexikon auf www.borbeck.de entstehen: https://www.borbeck.de/lexikon-details/freistedt-drei-priesterbrueder-und-ein-wirt.html (abgerufen 20.5.2025); Quellen: Borbecker Nachrichten vom 06.06.1952 und vom 28.09.1956; Mitgliederbrief des Kultur-Historischen Vereins II (1991) und III (1991); Melde- und Personenstandsunterlagen aus dem Stadtarchiv Essen (freundlich übermittelt von Cordula Holtermann) am 17.05.2021). Zur Mitgliedschaft von Dr. Emil Freistedt im Unitas-Verband dankt der Verfasser Lambert Klinke aus Gießen.
(3) Ein Haus mit Geschichte, in: https://www.unitas-ruhrania.org/de/haus/haus-mit-geschichte.html