ESSEN. „Das dreckige Dutzend“ - so hätte man die erwartungsvolle Truppe wohl genannt, wenn es für sie tatsächlich unter Tage gegangen wäre. So weit ging es am Samstagnachmittag, 22.11.2025, für die Ruhr-Unitas aber nicht. Beim entspannten Geländeschlendern übers Areal der Zeche Zollverein waren es allerdings schließlich doch ein paar Grad frischer als das Thermometer anzeigte, vor allem auf dem windgezausten 45 Meter hohen Dachplateau. Von dort schweifte der Blick frei über die aus Abraum aufgetürmten Revieralpen und das massiv tiefergelegte Revier zwischen Duisburg, Gelsenkirchen und Dortmund, das der Unitas zu Füßen lag.

Schienenknacken und Kohlerutschen
Mit Horst „Hotte“ Rudnik, Obersteiger und zuletzt auf Prosper-Haniel, ging es durchs Streben-, Rohre- und Betonlabyrinth zu den geheimen Plätzen, die man sonst nicht so leicht zu sehen bekommt. Er kennt aus der eigenen Zeit das angerostete, 2011 zum Unesco-Weltkulturerbe geadelte Bergwerk im Essener Norden wie seine Westentasche. Das Kommando „Kopf einziehen“ brauchte es nach den ersten Stahlkontakten bald nicht mehr, auf dem unegalen Gleisboden fand man sich nach einiger Zeit auch zurecht.
Und allmählich entstand das Bild des Bergwerks als gigantischer Maschine und rastloses Uhrwerk: Wo in der zeitweise förderstärksten Zeche der Welt die Förderkörbe mit 20 Metern pro Sekunde in 1000 Meter Tiefe hinunter rasten, endlose Sortierbänder liefen, ständig Männer und Material rauf- und runterbefördert wurden, gab es keinen Stillstand. Zu zahlreichen Ruhrpott-Stories und Untertage-Latein war es auch in den Ohren mit etwas Fantasie langsam deutlich zu hören: Das dauernde Rumpeln, Krachen, Scheppern, Kippen und Andocken von Waggons, Kettenrasseln, Schüttgutrutschen, Schläge und Hämmer, Schienenkreischen und Weichenknacken. „Wer nach der Schicht abends nach Hause kam, hatte immer dieses Piepen im Ohr. Isso“, erklärte Rudnik. „Und du warst dann so kaputt, da haste keinen Blödsinn mehr angestellt.“

Lob der Kameradschaft
Seine zahlreichen Geschichten von über und unter der Erde waren ein einziges Lob der Kameradschaft, auf das bedingungslose Aufeinander-Verlassen-Können bei Männern aus aller Herren Länder, die sich auf der Jagd nach dem schwarzen Gold seit 1840 auf Zollverein und in den anderen Bergbaurevieren klaren Kommandostrukturen unterstellten. „Weißer Helm heißt Personalverantwortung“, so der gut aufgelegte Obersteiger, der selbst einst 300 Kumpel unter sich hatte. Und der bekannte, dass sogar er sich ein paar Mal auf den 120 Kilometern unter dem Zollverein-Revier verirrte. Kein Problem mit dem Streckentelefon: „Fritz über Tage anrufen, Nummer des Telefons nennen und der sagte schon, wie man wieder nach oben kommt.“
Das brauchte es diesmal nicht. Mit einem Weingebinde und großem Dank an den Steiger und Bbr. Ralf Bockstedte v/o Politikos, der die Tour eingestielt hatte, gings über die große Rolltreppe wieder auf Normalhöhe. Ein „Glückauf“ mit Steigerlied schallte im Fahrstuhlschacht und zuletzt empfing die Gastronomie im „The Mine“ die durchgefrorene Unitas-Truppe. Kein Vergleich zu den 45 Grad, die es unter Tage gewesen wären. Aber eine Exkursion, die zeigte, was aus einem Rostmammut vergangener schwerindustrieller Zeiten zuletzt sogar noch werden kann: Eine Location, in der sich hippe Designer, kulturbeflissene Ausstellungsbesucher und fesche Hochzeitspaare gleichermaßen gut aufgehoben fühlen. Und Unitarier natürlich auch, die im Schatten des Doppelbocks ihren ganz eigenen Doppelbock genießen können.
Video vom Trip auf Zollverein: Ruhr-Unitas auf Zeche Zollverein



