Zum Karfreitag: Film erinnert an die Lübecker Märtyrer

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ESSEN. Lübeck? Weit weg. Und was haben wir hier in Essen mit Lübeck zu tun? Einiges – und wir bedauern sehr, dass wir nicht öfter da sein können. Just in diesem Jahr, in dem sich zum zehnten Mal ein außergewöhnliches Ereignis für die Unitas Ruhrania, ja für den ganzen Unitas-Verband, jähren wird: Die Seligsprechung der „Lübecker Märtyrer“ im Juni 2011, zu denen mit den Kaplänen Johannes Prassek und Eduard Müller zwei unserer Bundesbrüder gehörten. Doch jetzt sind sie - wie in früheren Jahren bereits - wieder Teil des ältesten Kreuzwegs in Deutschland, der Ende des 15. Jahrhunderts in Lübeck gebaut wurde.

Rund 1.000 Christen gehen in jedem Jahr am Karfreitag diesen Kreuzweg von der ersten Station an St. Jakobi zum Jerusalemsberg vor den Toren Lübecks mit. Doch coronabedingt ist das in diesem Jahr nicht möglich. Darum hat man sich früh um einen „Ersatz“ bemüht: Geplant ist ein Radiogottesdienst, in diesem Jahr aber auch ein Film mit Aktiven aus der evangelischen St. Jakobi-Gemeinde und aus der katholischen Herz Jesu-Gemeinde. Zudem ermutigen Geistliche und Politiker zu Zuversicht in der Pandemie und rufen zum Einsatz für Demokratie und Freiheit auf – so der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), der frühere Ministerpräsident des Landes, Björn Engholm (SPD), die evangelische Lübecker Bischöfin Kirsten Fehrs und der katholische Propst der Hansestadt, Christoph Giering.

Standhaftigkeit der Lübecker Märtyrer

Ministerpräsident Daniel Günther stellt sich im Garten der Kieler Staatskanzlei den Kameras und erinnert an die Standhaftigkeit der Lübecker Märtyrer, die wegen ihrer kritischen politischen Äußerungen von den Nationalsozialisten hingerichtet worden waren: „Die Lübecker Märtyrer waren einer ganz erheblichen Prüfung ausgesetzt. Etwas, was man sich heute gar nicht mehr vorstellen kann – zu Werten zu stehen, obwohl man mit dem Tod bedroht ist", so Günther in dem vorab produzierten Video. Die Menschen stünden häufig vor solchen Situationen, freilich ohne einen solchen Preis wie die Märtyrer zahlen zu müssen. Ihr Handeln könne Vorbild sein in Zeiten, in denen Demokratie und Freiheit immer wieder in Gefahr seien. Es gehe darum, Menschen entgegenzutreten, „die unser System verändern wollen, die sich gegen Demokratie stellen wollen und auch Menschenrechte nicht achten. All das sind Prüfungen, denen auch wir heute ausgesetzt werden", so der Katholik.

Das Kreuz der Bedrückten tragen

Björn Engholm, Vorgänger von Günther im Amt des Ministerpräsidenten 1988-93, erinnert in seiner Ansprache an die KZ-Häftlinge, die einst durch Lübeck getrieben wurden. Er fordert, aufzustehen und zu handeln, „wo Ungerechtigkeit, Missgunst, Achtlosigkeit und Hass herrschen". Das Kreuz der Bedrückten zu tragen, sei das Gebot des Christentums. Wenn es von vielen Menschen befolgt werde, „dann wird das Leben der Menschen auf ganz einfache Art und Weise viel, viel leichter werden", so Engholm.

Für den jungen Lübecker Filmemacher Hanno Mertin, der noch studiert und sonst eher Eventfilme und Werbefilme für Firmen dreht, war das Projekt eine Herausforderung. Er war überrascht, welche Kunstschätze es in seiner Heimatstadt so alles zu entdecken gibt, bekannte er: „Es beeindruckt mich vor allem, wie dieser Kreuzweg immer noch jedes Jahr Leute vereint und dass sie gemeinsam den Weg beschreiten, um an Jesus Christus zu denken. Ich finde das immer beeindruckend, wenn so etwas Historisches auch über so lange Zeit erhalten bleibt und heute noch gelebt wird."

Die Ansprachen sind am Karfreitag, 2. April, ab 11 Uhr im Radiogottesdienst im Offenen Kanal zu hören, und zwar bei Lübeck FM, Kiel FM und Westküste FM. Der vorab aufgezeichnete Videogottesdienst ist ab Karfreitag auf www.erzbistum-hamburg.de und auf www.nordkirche.de abrufbar, wie das Erzbistum Hamburg und die Nordkirche heute in Kiel ankündigten.

Der Lübecker Kreuzweg: Der Lübecker Kreuzweg ist einer der ältesten seiner Art in Deutschland. Nach der Überlieferung der Rehbein-Chronik reiste der Lübecker Kaufmann und Ratsherr Hinrich Constin 1468 als Pilger ins Heilige Land, vermaß dort die 1.650 Meter lange Via Dolorosa und veranlasste nach seiner Rückkehr in seiner Heimatstadt den exakten Nachbau als Sieben-Stationen-Weg. Constin starb 1482 und vermachte der Stadt sein Vermögen mit der Auflage, dies für die Fertigstellung des Kreuzweges zu verwenden. Er wurde im Jahr 1493 vollendet und führt von der Jakobi-Kirche in der Altstadt zum Jerusalemsberg außerhalb der Stadt. Seit der 1531 eingeführten Reformation aber spielte der Kreuzweg keine Rolle mehr, Stationen wurden abgeräumt und bei Bauarbeiten zerstört. Der Jerusalemsberg wurde vor 85 Jahren, am 3. Dezember 1936, von den Nationalsozialisten in Kreuzberg umbenannt, 1945 wurde die Umbenennung wieder rückgängig gemacht. Erst Anfang der 1990er Jahre initiierte Propst Helmut Siepenkort von der Katholischen Propsteikirche Herz Jesu einen Neubeginn. Ab 1994 entwickelte sich das Gehen des Lübecker Kreuzwegs am Karfreitag mit Unterstützung der evangelischen Jakobi-Gemeinde bis 2002 zu einem ökumenischen Ereignis. Im Mittelpunkt stehen seit 2013 fünf neue Stationen, an denen des Leidens Jesu am Tag seiner Kreuzigung gedacht wird.

Bild oben: Letzte Dreharbeiten mit Propst Christoph Giering, Bischöfin Kirsten Fehrs und den Pastoren Kathrin und Lutz Jedeck, Fotos: Marco Heinen. Der Film zum Lübecker Kreuzweg wird am Karfreitag auf www.erzbistum-hamburg.de und auf www.nordkirche.de gestreamt.

unten: Der ehemalige Ministerpräsident Björn Engholm fordert in seiner Ansprache, aufzustehen und zu handeln, „wo Ungerechtigkeit, Missgunst, Achtlosigkeit und Hass herrschen". Das Kreuz der Bedrückten zu tragen, sei das Gebot des Christentums.

Unten: Bilder unserer Kunstaktion zu den Lübecker Märtyrern am 9.11.2018 wurden in der Dionysiuskirche in Essen-Borbeck gesegnet.

Hier zum Youtube-Video von dem Projekt