Das Vereinswappen

„An ihren Taten sollt Ihr sie erkennen“ – so heißt es zumindest ja an entscheidender Stelle der Bibel, aber Zeichen braucht man eben wohl doch: Zumal in einem Verband mit vielen anderen, die in ähnlicher Weise ihre grundsätzlichen, aber auch jeweils lokalen Traditionen und Prägungen deutlich machen. Für die Unitas Ruhrania gab es bei ihrer Geburt in Münster neben den vielen anderen Studentenvereinigungen gleich mehrere Schwester- bzw. Brudervereine aus dem Unitas-Verband, die sich alle in den Formen ihrer äußeren Repräsentation kaum unterschieden.

Unitas-Vereine in Münster in der Reihenfolge ihrer Gründung (v.l.)

Gestiftet wurden Zirkel und Wappen der Unitas-Ruhrania mit der Gründung am 12. Januar 1911 in Münster. Die fünfte Vereinigung der Unitas am Ort entstand aus der Unitas-Sugambria, die auch Bundesbrüder von Unitas-Frisia und je einen Bundesbruder von Unitas-Burgundia und Unitas-Winfridia nachzogen. (1) Sie benannten sich nach der alten Bonner „Ruhrania”, aus der 1853 die „Unitas” geworden war, und gab sich den Namen Unitas-Ruhrania. Das Publikationsfest verlief im üblichen kaiserzeitlichen Renommierstil und das Projekt zeigte sich erfolgreich: Aus acht Gründern wurden im ersten Semester bereits 20, im zweiten waren sie 29, im siebten 1914 bereits 40 – bis es nach den Kriegsereignissen erst 1919 wieder weiterging. (-> Vereinsgeschichte)

Der Unitas-Verband

Die Unitas als Verband aber fand selbst erst relativ spät zu diesen Formen der Selbstdarstellung: Die 1854 aus der alten Ruhrania von 1847 in Bonn gebildete Unitas hatte sich noch strikt gegen alle äußerlichen Formen gewandt, schlug keine Kneipen, trug kein Couleur und verzichtete auf das „Farbentragen“, um sich ganz bewusst von anderen Korporationen abzugrenzen. Erst 1863 führte die nun Unitas-Salia genannte Mutterkorporation die Farben blau-weiß-gold ein und legte sich ein Wappen zu. Die Symbole von Buch, Eule, Kreuz, Herz und Anker und die verschlungenen Hände - Sinnbilder für die Wissenschaft, den christlichen Glauben und die Freundschaft, gelten auch als Verbandswappen, in dem alle wesentlichen Motive für spätere örtliche Vereinsschöpfungen damit bereits vorgegeben sind. An anderen Stelle tritt ersatzweise auch das Pfeilbündel als Zeichen für die Prinzipien oder den Lebensbund hinzu – mehr Motive gibt es zunächst nicht.

So blieb der Verband – dem Wesen nach ein Einheitsverband – die Entwicklung zu eigenen örtlichen Wappen auch zunächst sehr zurückhaltend. Zu finden sind bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts lediglich Wappen mit Verbandszirkel auf den unitarischen Farben Blau-Weiß-Gold. Die Zurückhaltung gilt auch bei anderen äußeren Kennzeichen: Erster Verein mit einer eigenen Fahne wird 1875 die Unitas in Münster, Unitas-Würzburg legt sich 1891 als erster Unitas-Verein eine studentische Tracht mit Pekeschen, Schärpen, Schlägern, Stulpenstiefeln und Cerevisen zu. Um die Jahrhundertwende gehören für die vielen Neugründungen bereits alle Bestandteile wie studentische Tracht, Fahne oder Wappen von Beginn an dazu. Kurz vor dem I. Weltkrieg sind im „Vademecum für das akademische Deutschland“ schon Wappen von 17 Unitas-Vereinen verzeichnet, die als Tartschen mit vier Feldern, Herzschild und Helmzier abgedruckt werden, 1931 sind im „Akademischen Deutschland“ sogar die Wappen von 50 Unitas-Vereinen in standardisierter Form verzeichnet.

Debatten um Formen

Nach dem Ersten Weltkrieg war man diesen Formen jedoch auch bereits mit wachsendem Unverständnis begegnet, sogar sehr grundsätzliche innerverbandliche Auseinandersetzungen blieben nicht aus. Die Lösung fand man in der prinzipiell geltenden Freistellung von äußeren Formen – bis auf das „Farbenführen“: Blau-Weiß-Gold - ggf. in Abwandlung der Reihenfolge bei mehreren Ortsvereinen - das blieb das einzig verpflichtend Kodifizierte in den Satzungen.

Auch zu Anfang der 1950er Jahre flammte die Debatte noch einmal auf: „Wenn schon Wappen, dann richtig“, das etwa erklärte der Ruhrane Dr. Meinersmann in der Verbandszeitschrift: „Fort mit den Scheusalen und bessere Wappen oder gar keine!“ (3) - schwierig genug, wenn man nicht ganz darauf verzichten will, denn die seit 1800 aufkommende studentische Heraldik konnte sich noch nie mit den anerkannten Regeln der Heraldik messen: Bis heute gibt es im studentischen Wappenwesen einen munteren Wildwuchs in Farben (herald. „Tinkturen“), Figuren oder „Bildern“, der keiner gängigen Vorschrift entspricht.

Und so ist auch der Gebrauch im Unitas-Verband insgesamt durchaus nicht einheitlich geregelt: Wie die Zusammenstellungen von Bbr. Fritz Flach zeigen, liegen nur bei 82 Vereinen von den 119 im Gesamtverzeichnis gelisteten Unitas-Vereinen (Stand: 2000) Wappen oder und Zirkel vor, stattdessen oft sogar ganz eigene Embleme, 98 Vereinen führen eigene Zirkel, bei den anderen wird der Verbandszirkel verwendet, wiederum andere verzichteten vollständig auf Wappen und Zirkel.

Couleurpostkarten des W.K.St.V. Unitas Ruhrania vor der Neukonstituierung an den Ruhr-Universitäten

Unser Vereinswappen

Die Unitas Ruhrania gehörte seit ihrer Gründung durchaus zu den Vereinen, die Wert auf eigenständige Kennzeichen legten. Die erste Fahne zeigt die Verbandsfarben und den in Gold gestickten aufgelegten eigenen Zirkel, ein Motiv, das sich auch in vielen gedruckten Couleurpostkarten des Vereins aus der Zeit vor und nach dem I. Weltkrieg wiederfindet. Die sogenannte Blasonierung des im „Akademische Deutschland“ 1931 veröffentlichten Ruhrania-Wappens, das sich offensichtlich ganz einfach aus den Wappen der mitgründenden Vereine ergab, führt Bbr. Fritz Flach nach den numerierten Feldern des Schildes wie folgt aus:

Unitas-Ruhrania, Münster/Bochum-Essen-Dortmund

In 1 Zirkel auf blau-weiß-Gelb (=gold); in 2 blau-weiß-gelbe Lilie auf Weiß; in 3 rotes Buch mit silbernen Beschlägen und Goldschnitt auf Blau; in 4 blaue Ruhr auf Gelb; in 5 schwarz-blaues Pfeilbündel mit gelbem Band und Gründungsdatum 12. Jan. 1911 auf Weiß. (1911: Schild mit Zirkel auf Blau-weiß-gold). Helmzier: blau-weiß-gold. Nebenstehend 1931: In 1 Zirkel auf Blau-weiß-gold; in 2 weiße Lilie auf Blau; in 3 goldenes Buch mit rotem Schnitt auf Weiß; in 4 blaue Ruhr auf Weiß; in 5 Pfeilbündel mit Gründungsdatum auf Weiß. Rote Bordierung mit virtus-scientia-amicitia.

Damit erklärt sich nun ganz einfach der Sinngehalt:

Die Unitas Ruhrania ist Mitglied im Unitas-Verband und zeigt dies durch die Farben sowie das „U“ im rechten Teil des Zirkels. Sie ist zudem den allen Unitas-Vereinen gemeinsamen Prinzipien virtus, scientia und amicitia verpflichtet, wofür Lilie, Buch und Pfeilbündel stehen. Und der Verein ist an der Ruhr zuhause – die Doppelbedeutung des Buchs im Stadtwappen von „Bochum“ kommt noch dazu, wo die Neukonstituierung an den Ruhr-Universitäten erfolgte. So ist das Wappenemblem unseres Vereins seit seiner Gründung 1911 nicht allein nur schmückendes Beiwerk: Wer es sieht, weiß gleich Bescheid.

Links: Unitas-Vereine deutschlandweit, oben Unitas-Verbandsabzeichen, unten Verbandslogo, Mitte: Wappen von 1931, einfaches Zirkelwappen und Ruhrania-Zirkel unten, rechts: Neuzeichnung 2022

 

Anmerkungen:

(1) Unitas-Ruhrania: 1911-1938. Geschichte und Lebensbilder, von Dr. Bernhard Meinersmann, Warendorf in Westfalen

(2) Wolfgang Burr (Hg.), UNITAS-Handbuch, Bonn, 2000, Band IV, S. 32 ff.

(3) ebd., S. 123ff.: Fritz Flach, 1.12. Die unitarischen Vereins-Wappen und Vereins-Zirkel